Rechtsanwalt Ralf Ludwig betritt die Veranstalter der Querdenken-Demonstrationen
und berichtet von seinen Erfahrungen und Erkenntnissen rund um die Demonstrationen
seit dem Beginn der staatlichen Coronaeingriffe und im weiteren Sinne über die
Justiz in Deutschland in dieser Zeit.
In Baden-Württemberg wurden Demonstrationen im März/April 2020 komplett
verboten. Erst das Bundesverfassungsgericht hat das geändert per Eilantrag.
Es befand, dass die Behörden ihrem Gestaltungsrecht gebrauch machen müssen.
Aber auch das Bundesverfassungsgericht hat kein Problem mit einer
Beschränkung auf fünfzig Teilnehmer pro Demonstration. Das würde ja reichen.
Es widerspreche aller vorherigen Erfahrung, dass die Behörden die Form einer
Demonstration bestimmen und nicht die Veranstalter.
Die Politik vermeide es Demonstrationen im Vorfeld zu verbieten, da dies wohl
schlechte Presse gäbe. Daher sei es nun ein Hase-und-Igel-Spiel,
Versammlungen wegen übertriebener Vorgaben aufzulösen.
Er und andere Anwälte versuchen daraus zu lernen und alle Angriffsflächen auf den
Demonstrationen zu minimieren, die zum Beispiel auch rechtsverdächtige Bilder für
die Medien liefern könnten.
Im Gegensatz zu Herrn Füllmich im Ausschuss glaubt er nicht sehr an die
Justiz als Lösung. Die Richter sind auch Teil der Gesellschaft und leiden
genauso wie Politiker unter dem sogenannten Dunning-Kruger-Effekt (ihr
eigenes Wissen und ihre eigenen Fähigkeiten zu überschätzen). Auch sie
seien nicht informiert. Ein gesellschaftlicher Dialog wäre seiner Meinung nach notwendig.
Wenn man wegen fadenscheinigen Infektionsbegründungen sich nicht mehr
versammeln darf, dann ist Grundgesetz Artikel 8 (Versammlungsfreiheit) weg.
Die Gerichte sagen in den vielen Eilverfahren: Die Beweisaufnahme machen wir
nicht d.h. wir sehen uns die Sachinformationen nicht an. So lange das
RKI große Gefahr meldet hat der Gesetzgeber Gestaltungsspielraum, den
wir uns als Gericht aber nicht ansehen können/wollen. Das RKI meldet seit
April permanent große Gefahr.
Das RKI hat drei Parameter: R-Wert, Infiziertenzahlen,
Krankenhausbelegung. Es meldet seit April: gering, gering, gering und
leitet daraus seitdem eine „große bis sehr große Gefahr für
Risikopatienten“ ab.
Das RKI ist direkt dem Gesundheitsministerium untergeordnet als
oberste Gesundheitsbehörde. Politische Einflussnahme muss also auch
in Betracht gezogen werden. Herr Ludwig selbst arbeitet nur auf Basis von
Zahlen des RKI und von Landesbehörden. Diese Daten reichen aus, um die
geringe Gefahr festzustellen. Nur auf der höheren Ebene des RKI
scheint daraus dann die große Gefahr zu werden.
Im April/Mai 2019 gab es eine Art Lobbytreffen der CDU-Fraktion mit
dem heutigen Minister Spahn, Kanzerlin Merkel, Prof. Drosten, dem
Cheflobbyisten der B&M Gates Stiftung und einem Vertreter der WHO.
Herr Ludwig findet der zentrale Punkt auf der rechtlichen Seite muss
eigentlich sein eine Abwehrmöglichkeit für unsere
freiheitlich-demokratische Gesellschaft bezüglich dieser Vorgänge zu
finden. Es sei ein Trend der schon länger ablaufe, dass aus „Abwehrrechten“
„Schutzrechte“ werden und nicht mehr abgewogen wird.
Der Bundestag hat sich quasi selbst entmachtet. Dort werde nichts mehr getan als
abzunicken, was die Regierung vorgibt. Der aktuelle Bundestagspräsident
Schäuble lässt das zu, einer mit mehr Rückgrat hätte es vermutlich nicht
zugelassen, findet Herr Ludwig.
Die Regierung sagt es sei die schlimmste Gesundheitslage aller Zeiten und
entmachtet gleichzeitig diejenigen Behörden, die sich seit Jahrzehnten mit
Gesundheit auskennen, nämlich die Gesundheitsämter, und übergibt alles an
zentrale Stellen, die sich überhaupt nicht damit auskennen.
Deutschland ist das einzige westliche Land in welchem diejenigen Richter,
die ein Verfahren eröffnen (Eilverfahren) auch diejenigen sind, welche das
Hauptverfahren führen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihrem eigenen
Eingangsurteil widersprechen, gerade angesichts der Möglichkeit, dass sie
vielleicht selbst spüren, dass es falsch war, ist sehr gering.
Herr Ludwig hat in zwei seiner eigenen Verfahren die Richter vom Eilverfahren mit zur
Beisitzung eingeladen, da er sie als potentiell mitschuldig und mithaftend
betrachtet. Die „Radbruchsche Formel“, welche für die DDR-Grenzschützen
angewendet wurde: Schreiendes Unrecht kann kein Recht sein. Daher kann man sich nicht
auf Gesetze, Verordnungen usw. berufen in solchen Fällen. Diese gilt seiner Meinung
nach auch hier.
Ein Richter der im Eilverfahren über etwa die Zulässigkeit von
Ausgangssperren (für alle) befindet, befindet damit auch über sich selbst.
Für so eine Situation gibt es in unserem Rechtssystem gar keine Lösung, da
der Richter befangen ist.
In den USA sei das Justizsystem noch besser aufgestellt als in Deutschland.
Wobei selbst dort Richter, die von Präsident Trump eingesetzt wurden, gegen Trumps
Linie entschieden haben, vermutlich, weil längerfristige, parteipolitische
Karrieren hier eine Rolle spielen.
Anwältin Fischer wirft ein: In Italien, wo die Richter eigentlich besonders
unabhängig sind funktioniert es aber auch nicht besser als bei uns.
Im Hauptverfahren herrscht das sogenannte Beratungsgeheimnis d.h.
auch da erfährt man dann nicht, wer eigentlich welche Entscheidung
getroffen hat.
Am Berliner Verfassungsgericht haben in einer maßgeblichen Corona-Entscheidung
zwei Richter ein „Sondervotum“ abgegeben, da sie von der Mehrheitsmeinung
der restlichen Richter abwiechen. Sie haben zum Ausdruck gebracht, dass der
Bürger keine Begründung für die Ausübung seiner Freiheitsrechte benötigt. Der
Staat muss beweisen, dass es Relevanz hat zum Beispiel seine Wohnung nicht zu
verlassen. Diese Begründung sei für die meisten Einzelmaßnahmen nicht vorgelegt.
Alles sei auf den Kopf gestellt. Bei Masern etwa konnte man zum Arzt
gehen und der konnte feststellen, dass man keine hat und damit war man
raus aus dem Ganzen. Heute wird einfach vermutet, dass jemand Corona hat
und man ist seine Rechte los.
Die fehlende Einheitlichkeit der Messverfahren in unterschiedlichen
Ländern führe zu Willkür wenn etwa das deutsche RKI
entscheidet, welche Länder jetzt ein Risikogebiet sind oder nicht.
Mallorca etwa hat eine geringere Inzidenz zum Zeitpunkt der Sitzung
als einige Gebiete Bayerns. Einreisende aus Mallorca sind jedoch
gefährlich, einreisende aus Bayern nicht. Ganz davon abgesehen, dass
spanische Zahlen ganz anders zustande kommen als deutsche.
Auf Mallorca, wo Herr Ludwig verweilt, herrschen auch schreckliche Zustände
an den Schulen. In Palma wurden zwei Stadtviertel, die von Einwanderern
bewohnt werden, abgeriegelt, weil sie dort angeblich erhöhte Inzidenz haben.
Herr Ludwig hat an einem Oberlandesgericht nachgefragt, welche Voraussetzungen denn
eigentlich herrschen müssen, damit die Pandemie für beendet erklärt werden
kann. Offenbar gab es keine Antwort. Die Zahlen auf Null zu drücken bei Tests
mit Fehlerquote sei schließlich mehr oder minder unmöglich.
Deutschland hat u.a. Spanien gesagt dort müsse mehr getestet werden, sonst
ließe man keine Touristen aus Deutschland dorthin. Dann wurde dort mehr
getestet aber die Zahlen war nicht befriedigend, was nicht viel anders zu
erwarten war.
Mallorca bezahlt derzeit Gemeinden mehr Geld, wenn sie mehr Infizierte haben.
Das ist nun die neue Einkommensquelle ohne Tourismus. Proteste auf Mallorca
gibt es mehr von Deutschen und Ausländern, die Einheimischen halten die für
gefährlich, weil sie das Ganze noch verzögern würden.