Dann, wenn die ganze Welt auf das fürchterlichste und verbrecherischste und geschmackloseste verbaut sein wird, ist es zu spät, dann ist die Erdoberfläche tot. Wir können uns nicht wehren gegen die Vernichtung der Erdoberfläche durch die Architekten, hatte er einmal ausgerufen.
— Thomas Bernhard: Korrektur
In diesem Beitrag geht es um eine (noch) unbebaute Grünfläche in Nürnberg-Thon. Das Grundstück befindet sich zwischen dem Zeisigweg und der Pretzfelder Straße. Es grenzt westlich an den Kleingartenverein Zeisigweg und südlich an die Ringbahnlinie. Das Grundstück ist rund einen Hektar groß und vor etwa 15 Jahren befand sich hier noch ein regelrechter Wald. Jahrzehntelanger Wildwuchs hatte zu einer kleinen grünen Oase geführt, welche auch gelegentlich von Spaziergängern durchstreift wurde. Westlich am Grundstück entlang verläuft ein Schleichweg, der die südlich der Ringbahn gelegenen Wohngebiete mit den Bus- und Bahnlinien in Thon verbindet.
Vor ca. zehn bis fünfzehn Jahren wurde der Baumbestand weitgehend entfernt und in den folgenden Jahren wurde es regelmäßig “gepflegt”, so dass nur noch eine von Bäumen umrandete Wiese übrig geblieben ist. Dazu gehörten bis vor kurzem zwei herrliche alte Pappeln.
Diese Maßnahmen galten sicherlich damals schon der Aussicht auf eine baldige Bebauung des Grundstücks. Dazu gekommen ist es bislang nicht. Vor etwa einem halben Jahr wurde es jedoch ernst: Ein Bauzaun wurde aufgestellt und Aushub von den nahegelegenen Baustellen an der ehemaligen Endhaltestelle Thon wurde dort zwischengelagert.
Für die Recherchen meines Artikels über die Neubauten an der Kreuzung Kilianstraße-Erlangerstraße habe ich einige Bilder dieses Grundstücks in diesem Zustand gemacht, auf denen die Papeln noch zu sehen sind. Zu diesem Zeitpunkt wurde bereits die Heckenreihe entlang des Wegs westlich des Grundstücks vollständig entfernt.
Zuständig für die bevorstehende Bautätigkeit ist die Firma, deren Schild hier am Zaun zu sehen ist. Diese Firma bzw. dieser Firmenkomplex zeichnete sich schon für so manches bauliche Drama in Nürnberg in den vergangenen 15 Jahren verantwortlich. Was es mit “Projektentwicklung” auf sich hat, kann man an den vorliegenden Bildern studieren.
Die beiden Pappeln waren aus nah und fern ein herrlicher Anblick, der dem Betrachter ein Stück Schönheit der Natur inmitten vieler unschöner menschlicher Eingriffe gönnte. Ich ging davon aus, dass die beiden Bäume trotz Baustelle erhalten bleiben würden, weil sie zum einen nur an der Grundstücksgrenze lagen und zum anderen aufgrund von Alter und Größe dem Baumschutz des Umweltamtes unterstehen.
Hier hatte ich mich leider getäuscht. Vor einigen Wochen wurde der finale Schlag gegen die Natur auf und um das Grundstück herum ausgeführt. Die Pappeln sowie andere übriggebliebene kleinere Bäume an den Rändern des Grundstücks, sowie eine verbleibende Heckenreihe entlang der Grenze zum Kleingartenverein wurden kurz und klein gehackt.
Welches Gebäude hier entstehen soll können Sie sich beim Bauträger ansehen, wo scheinbar die Sektkorken knallen. Ich würde sagen, da wird es wenig Überraschungen geben. Es wird ein weiterer Beitrag zur modern-industriellen Tristesse unserer Zeit. Der immer weitergehende Verlust der Natur in der Umgebung erfüllt mich mit Trauer.
Sollten Sie eigene Fotos von diesem Grundstück besitzen, insbesondere bevor es erstmals gerodet wurde, würde ich mich freuen, wenn Sie sie mir zur Veröffentlichung auf dieser Seite zur Verfügung stellen können. Kontaktieren Sie mich gerne diesbezüglich.
Hinweis: Alle in diesem Beitrag veröffentlichten Bilder sind private Aufnahmen des Autors. Ich stelle Ihnen die Bilder gerne zur weiteren Verwendung zur Verfügung, wenn Sie auf mich als Urheber verweisen.