Corona-Untersuchungsausschuss Sitzung 13: Mittelstand in der Krise


Die Sitzung fand am 21. August 2020 statt. Für einen Überblick über den Corona-Ausschuss, siehe hier.

Einleitung

In dieser Sitzung betrachtet der Ausschuss ein weiteres Mal die wirtschaftliche Situation in Deutschland im Zusammenhang mit der Coronapolitik. Zuvor wurde in Sitzung 5 bereits die Situation für kleinere Unternehmen und Selbständige beleuchtet. Dieses Mal geht es um den Mittelstand und größere Unternehmen.

Teilnehmer

  • Karl-Hermann Wagner ist Geschäftsführer einer Firma für Krankenhaus-Catering, die deutschlandweit die Versorgung von Krankenhäusern mit Essen organisiert.
  • Andrê Reiser ist Unternehmensberater in der Automobilindustrie.
  • Dr. Wolf Stelzner ist Wirtschaftspsychologe und betrachtet die Ereignisse aus etwas größerer Distanz auf gesellschaftlicher und politischer Ebene.
  • Prof. Dr. Christian Kreiß ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Aalen und bringt den weiten volkswirtschaftlichen Blick ein. Er sollte bereits in Sitzung 5 teilnehmen, was seinerzeit jedoch aus technischen Gründen nicht gelang.
  • Prof. Dr. Martin Schwab ist Professor für Rechtswissenschaften an der Universität Bielefeld. Er betrachtet die rechtliche Behandlung verschiedener Gesellschaftsgruppen durch den Staat in der Coronazeit.
  • Dr. Wolfgang Wodarg als fester Teilnehmer des Ausschusses ist ebenfalls wieder dabei.

Aussagen

Karl-Hermann Wagner

  • Herr Wagner erläutert eindrücklich seine Gedankengänge als Geschäftsführer seiner Firma im Februar und März 2020, als die Corona-Pandemie medial immer mehr an Fahrt aufgenommen hat.
  • Er ging davon aus, dass durch eine grassierende Krankheit viele Mitarbeiter bei ihm ausfallen würden, während gleichzeitig der Bedarf bei seinen Kunden (den Krankenhäusern) erheblich steigen würde. Daher hat er sich darauf vorbereitet, indem er zusätzliche Mitarbeiter in Wartestellung hielt und lang haltbare Lebensmittel auf Lager nahm. Doch diese Vorkehrungen stellten sich schließlich als überflüssig heraus.
  • Bei seinen Kunden (den Krankenhäusern) konnte er zu Beginn des Jahres keine Überlastung erkennen, hingegen sank die Belegung durch die Corona-Maßnahmen überall.
  • Sein Unternehmen erlitt durch die Maßnahmen auf das Jahr gesehen einen Umsatzrückgang von ca. 30 Prozent. Teile seiner Belegschaft sind in Kurzarbeit.
  • Er hat kein Vertrauen mehr in die Politik und kann unternehmerisch nicht kalkulieren, deshalb würde er derzeit auch keinesfalls irgendwo neu investieren. Aufgrund der aus seiner Sicht unkalkulierbaren politischen Maßnahmen wäre jede Investition gefährdet (er hatte zum Beispiel vor, in Restaurants zu investieren).
  • Die Politik hat eine Insolvenzaussetzung beschlossen, die Unternehmen von der Pflicht ausnimmt, eine bevorstehende Zahlungsunfähigkeit anzumelden. Diese Insolvenzaussetzung bedeutet für ihn als Unternehmer, dass er sich nicht mehr sicher sein kann, von welchen Kunden er noch Geld bekommt, und von welchen nicht. Deshalb nahm er die Umstellung auf Vorauszahlung vor, um Zahlungsausfällen vorzubeugen.
  • Herr Wagner äußert seine eigenen politischen Ansichten, die liberaler Natur sind. Er findet, das freie Unternehmertum und der freie Markt würden von selbst gut funktionieren. Nicht das System in Deutschland sei Schuld an den Verfehlungen, sondern nur die Leute, die Fehlentscheidungen treffen. Diese Personen gehörten weg und das Recht müsse wieder herrschen.

Andrè Reiser

  • Herr Reiser ist selbständiger Berater in Automobilbranche. Seine Einkünfte sind durch die politischen Beschränkungen weitgehend eingebrochen, da Schulungen mit Mitarbeitern von Kunden usw. nicht mehr stattfinden können.
  • Bei seinen Kunden aus der Automobilbranche gab es seinen Erkenntnissen nach im 1. Halbjahr 2020 praktisch bei allen Herstellern einen Umsatzrückgang von ca. 20 bis 30 Prozent.
  • Er beklagt die Bürokratie der Hilfsprogramme des Staates. Die Hilfen stünden in keinem Verhältnis zu den angerichteten Schäden und viele Selbständige würden nun einfach ihre Rentenvorsorge angreifen müssen, um sich über Wasser zu halten.

Prof. Wolf Stelzner

  • Es fand im Rahmen der Corona-Politik eine Gleichschaltung in der Welt statt, über die die Menschen nach wie vor rätseln.
  • Aus der Menschheitsgeschichte wisse man, dass je stärker die Vorschriften für das alltägliche Leben in einem System werden, das System normalerweise umso näher am Abgrund stehe.
  • Die Verknüpfung von Demokratie mit marktwirtschaftlichen Aspekten wurde über Jahrzehnte täglich in Deutschland vorgebetet. Doch diese Verbindung sei nun mit einem Schlag weg.
  • Seiner Meinung nach findet ein Umbau des Wirtschaftssystems statt. Das Wirtschaftssystem sei schon seit 2018 in der Krise. Beim Autohersteller Ford habe schon vor Corona Kurzarbeit geherrscht.

Prof. Christian Kreiß

  • Die Schulden seien jetzt zu groß geworden auf der Welt. Die ganze Welt müsste 2 oder 3 1/2 Jahre für die reichsten 1 % der Bevölkerung arbeiten, um die Schulden zu bezahlen.
  • Da die Wirtschaft durch Lockdowns jetzt auch noch zusammenbricht ist es praktisch unmöglich das zu leisten.
  • Man könne einen Schuldenschnitt um ca. 30 Prozent machen, doch das würde die reichsten 1 % entmachten, er zweifelt, ob diese Gruppe das zulässt.
  • Man kann das Problem auch durch Inflation lösen. Doch wo die herkommen soll, wenn die Leute gar kein Geld im Geldbeutel haben, welches aufgebläht werden kann, weiß er auch nicht.

Prof. Dr. Martin Schwab

  • Herr Schwab sieht zum Beispiel eine Bevorzugung von Vermietern in der Krise. Dass Mieten nur ausgesetzt werden, aber nicht verfallen, oder vom Staat übernommen werden, wenn zum Beispiel Geschäftsimmobilien nicht zum bestimmungsgemäßen Zweck genutzt werden können, hält er für fragwürdig. Er sieht hier den Staat finanziell in der Pflicht, da er selbst die Situation herbeigeführt hat.

Dr. Wodarg

  • Dr. Wodarg skizziert die Utopie einer erneuerten, wahrhaftigen Demokratie mit regionalen Strukturen, die von unten nach oben wirken, um den Willen der Menschen abzubilden.